Im Reisebus von Freiburg nach Shanghai – auf der Seidenstraße um die halbe Welt
5Mai/10Off

Iran, Iran, Iran…

28./29. April  - 15./16. Tag Teheran

Die Fahrt nach Teheran wieder wunderschön, durch von karstigen Bergen begrenzte Hochebenen, die jetzt schon Steppe sind, fast wüstenhaft. Kleine stachlige Büsche, aber immerhin gelb blühende Kamille dazwischen. Leider ist das Fotografieren der Landschaft durch die Fenster des fahrenden Busses immer problematisch, nur mit Glück hat man mal ein Bild, vor dem keine Spiegelungen sind.

Teheran selbst ist eigentlich keine Reise wert. Ein Moloch von Stadt, laut, stickig und eigentlich hässlich. Wir lernen, dass es ein Glück ist, dass es regnet. Denn das hat die Luft gereinigt, sodass wir dem offenbar sonst in der Hitze unerträglichen Smog entkommen sind. Die Stadt liegt am Rande des Elbursgebirges, dessen schneebedeckte Gipfel gelegentlich am Ende einer Straße zu sehen sind. Sie zieht sich über 700 Höhenmeter hin, das ist, als würde Freiburg von der Rheinebene bis zum Gipfel des Schauinsland reichen, und zwar dicht bebaut. In den nördlichen Höhenlagen auf bis zu 1.700 m wohnen die Wohlhabenden, denn dort ist das Klima im Sommer natürlich angenehmer, während die Armen im Süden auf etwa 1.000 m der Hitze gnadenlos ausgesetzt sind.

Einen unangenehmen Zwischenfall gab es: unangenehm für eine Mitreisende. Sie wurde kurz abgelenkt von einer Frau, und danach fehlten in ihrer Tasche Kamera und Geld. Hoffentlich passiert das nicht noch häufiger!
Aber die Museen sind interessant: Wir waren mit der Gruppe im Nationalmuseum, das sich sehr lohnt, einige waren nachmittags noch im Teppichmuseum, das ebenfalls hervorragend sein soll. Im Nationalmuseum Artefakte, die z.T. noch aus dem 5. Jahrtausend vor Christus stammen. Besonders eindrucksvoll ein gut 2 m hohes und vielleicht 5 m langes Relief, das Darius I und seinen Sohn Xerxes und deren Hofpersonal darstellt. Außerdem eine fast naturgroße phantastische Löwenskulptur aus Stein und ein ebenso großer Stier aus Terrakotta. Davon werde ich mal Bilder schicken.

30. April Freitag -
17. Tag Teheran – Isfahan

Also Qom. Eine heilige Stadt der Schiiten, weil dort die Schwester eines Imam beerdigt liegt. Heilige Stätten bedeuten für uns Frauen noch mehr Schikane. Nackte Füße in Sandalen sind verpönt, frau soll so verhüllt wie möglich sein. Also Strümpfe in der Hitze, das Kopftuch bitte auch um den Hals usw. Der Bus wird nicht in die Stadt gelassen, wir müssen mit einem Bus des ÖPNV hineinfahren und diesen Bus bitteschön korrekt besteigen: die Männer vorne, die Frauen hinten. Das geht unter einigem Gekicher ab, ist aber schon ein Hammer!

Für die Besichtigung des Heiligtums müssen wir Frauen uns in einen Tschador wickeln, also ein großes Tuch, das frau dann unter dem Kinn zusammenhält. Mach das mal, wenn du in jeder Hand eine Krücke hast, und geh mal damit während sich das Tuch um deine Krücken wickelt. Es war Freitag, der Sonntag der Muslime. Weil wir kurz vor dem Freitagsgebet ankamen, wo Touristen dann nicht mehr zugelassen sind, hetzte uns Reza durch die Moschee („zum Fotografieren haben wir keine Zeit“) in einen kleineren Raum, eine Art Seiten-Kapelle, wo schon ein Mullah auf uns wartete und uns dann einen Vortrag u.a. über die Friedensliebe der Iraner hielt. Dann durften wir ihn und uns mit ihm fotografieren und mussten schleunigst wieder raus, weil nun das Freitagsgebet anfangen sollte. Die ganze Sache war – so wie sie ablief – im Grunde nur eine Show-Veranstaltung für Touristen.

Nach weiteren 2 bis 3 Stunden Fahrt Einfahrt in Isfahan: ein großes Ahhhh geht durch den Bus. Safti-ges Grün überall und BÄUME!! Die hatten wir schon längere Zeit nicht mehr gesehen. In der Tat: eine wunderschöne Stadt. Die Straßen gesäumt von Blumenrabatten, Bäumen, desgleichen auf dem Mittel-streifen der breiten Alleen, viele wunderschöne Parks mit uralten Bäumen drin: soweit ich es erkennen konnte, Kiefern, Platanen, Birken. Viele Blumen, vor allem Rosen.

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Vor dem Abendessen unternehmen wir einen Spaziergang und bewundern sprachlos den schönsten Platz der Welt, den Meydane-Emam. Und wir lassen uns von der einzigartigen Atmosphäre verzaubern und gefangen nehmen, wenn wir unten am Fluss unter einem sternenklaren Wüstenhimmel bei Tee und Wasserpfeife sitzen. In Isfahan haben wir vier Übernachtungen vorgesehen. Wie immer bei unseren Aufenthalten in Freiburgs Partnerstadt wohnen wir im Abassi Hotel. Es handelt sich um eine zum 5-Sterne-Hotel umgebaute Karawanserei im Palastkomplex des Shah und stammt aus jenen vergangenen Zeiten, als Isfahan noch die Hauptstadt Persiens war. Das Abassi gilt als das schönste Hotel Irans und liegt so zentral, so dass wir uns in der schönsten Stadt des Orients nur zu Fuß bewegen brauchen."

Das Hotel ist ein Traum. Wir aßen zu Abend im hinreißend schönen Innenhof, endlich einmal draußen sitzend. Ich schicke Bilder.

1. Mai Samstag - 18. Tag Isfahan

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Wir haben heute am Vormittag eine Führung durch einen Teil der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten, welche die ehemalige Hauptstadt Persiens vorzuweisen hat. Am Nachmittag verfügen wir über freie Zeit, zum Entspannen und Erholen, aber auch zum Entdecken und Freundschaft schließen mit Isfahan und seinen überaus liebenswürdigen Menschen: ganz individuell und ohne Gruppenanhang. Um uns dann wieder zu treffen, zum Austausch, zum Erzählen und weil wir neue Freunde gewonnen haben."

2. Mai Sonntag - 19. Tag Isfahan

Auch heute Vormittag sind wir wieder mit unserem Führer unterwegs, denn wir haben längst noch nicht alles gesehen. Gerade an einem Sonntag ist es interessant, durch den armenischen Stadtteil zu gehen. Kirchenglocken rufen die vielen Christen, Nachfahren der Armenier, die sich hier niedergelassen haben in die Kirchen. Die größte von Ihnen ist die Vank-Kathedrale, in der auch ein Museum untergebracht ist, welches das Schicksal dieser Minderheit dokumentiert. Es passt so gar nicht ins Bild, das wir als Europäer vom Iran haben, dass Christen – wie auch Juden – frei ihre Religion ausüben können. Der Nachmittag ist wieder frei.

3. Mai Montag -
20. Tag Isfahan

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Ihren ganz persönlichen Interessen können Sie heute den ganzen Tag nachgehen. Für heute haben wir überhaupt kein Programm vorgesehen. Gestalten Sie diesen Tag ganz genau so, wie es für Sie richtig ist. Isfahan ist eine wundervolle Stadt."

Leider leider wurde der letzte Tag in Isfahan gestrichen. Die Regierung hatte für diesen Tag das Hotel beschlagnahmt, vermutlich für irgendeine internationale Delegation, und so müssen wir einen Tag früher diese wunderschöne Stadt verlassen. Dafür werden wir die Strecke nach Sharud, die sehr lang ist, nicht in einem Tag fahren, sondern unterwegs in einer ehemaligen Karawanserei übernachten, die heute von einer Familie bewirtschaftet wird.

Die vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt, wunderschöne Moscheen, innen und außen voll verkachelt, die alten, zweistöckigen Brücken, der riesige zentrale Platz sind sehr beeindruckend, aber gleichzeitig sind diese Eindrücke so viele, dass sie zu beschreiben mich jetzt überfordert. Es ist eine Stadt, in der man eigentlich mindestens zwei Wochen verbringen sollte, und auch mit Genuss könnte.

Immer wieder sprechen uns Menschen an. Meist können sie kein Englisch, von Deutsch ganz zu schweigen. Sie legen aber Wert darauf, uns wenigstens „Hello“ zu sagen und ein freundliches Lächeln zu schenken. Diejenigen, die etwas besser Englisch können, fragen uns, wie uns Iran gefällt und bekommen selbstverständlich begeisterte Antworten. Und in Läden, in denen wir etwas kaufen, sorgen sie dafür, dass wir nicht übervorteilt werden! Denn das versuchen die Ladenbesitzer schon mal.

Einige allerdings sprechen fließend Englisch, und da sind dann tatsächlich auch politische Gespräche möglich. Die Wut ist groß, aber auch die Hoffnungslosigkeit. Es wird keine Volkserhebung erwartet, weil allen klar ist, dass das zu einem Bürgerkrieg führen würde. Bei der noch frischen Erinnerung an den Irakkrieg will das niemand. Erwartet wird im Gegenteil ein noch strengeres Regiment bis hin zur Vermutung, dass bald auch Touristinnen gezwungen sein könnten, den Tschador zu tragen.

Selten gibt es auch Aufdringlichkeit. Man wird eingeladen zum Tee in einen Teppichladen, angeblich soll man nur gucken, braucht gar nichts zu kaufen, aber der Zweck ist halt doch der, einen Teppich an uns loszuwerden. Und dann diese Situation: Ich suche nach einem Taxi, das mich von der wunderschönen Khajoud-Brücke ins Hotel bringt. Ein aufdringlicher junger Mann will mir unbedingt eins besorgen, was ich gar nicht will (ich bin selber groß), es kommt eine Gruppe junger Frauen vorbei, die kein Englisch können, die Situation bemerken und verstehen, und plötzlich habe ich die äußerst energische Hand einer dieser Frauen im Rücken, die mich von dem Jungen wegschiebt, die dazugehörige etwa 20-Jährige teilt dem Jungen gleichzeitig mit, dass er sich zu trollen habe, was der auch brav tut. Das Wort Taxi, das ich äußere, verstehen die Frauen, schieben mich über die Straße auf die andere Seite, stopfen mich dort, ohne dass ich protestieren kann, in ein schon volles Taxi, sagen dem Taxifahrer und den Mitfahrenden, wohin ich will, schon bin ich unterwegs, und die Mitreisenden sorgen inzwischen dafür, dass ich nicht mehr als 2 Euro für die Fahrt zahle.

Und dann Ali. Ali lebt in Düsseldorf, ist gerade in Ferien in seiner Heimatstadt Isfahan, spricht fließend Deutsch und opfert uns seinen vorletzten Nachmittag hier. Wir sind eine Gruppe von einigen Frauen, und er führt uns nun in Teile des Bazars, die wir nie bemerkt hätten: Hinterhöfe, ein abenteuerliches Teehaus mit einer Abteilung für Männer und einer für Familien, in der wir dann sitzen, Tee trinken und Wasserpfeife rauchen. Der Schmuck an Wänden und Decken ist umwerfend (ich schicke Bilder). Später zeigt er uns Werkstätten, in denen Teppiche repariert oder Stoffe bedruckt werden, eine Werkstatt, in der die berühmten Kacheln bemalt und gebrannt werden. Eine sehr diffizile Arbeit! Wir dürfen die Leute bei der Arbeit beobachten und fotografieren, der Brennofen ist unglaublich primitiv und brennt drei Kacheln pro Tag! Wir bekommen ein Stück Iran zu sehen, das Touristen wohl sonst nie zu sehen bekommen.

Am letzten Abend in Isfahan mache ich – zum ersten Mal in Iran – mal den Fernseher an. Ich erwarte eigentlich nur persische Programme, und die gibt es natürlich: mindestens drei, auf denen Mullahs ihre Meinungen kundtun, teils allein, teils in Talkshows, dann natürlich Nachrichten und Spielfilme. Aber dann staune ich: mehrere englischsprachige Programme, nämlich Press-TV, das amerikanisch CCTV, ein offensichtlich iranischer Sender in englischer Sprache, BBC (!!) und – ausgerechnet! – CNN, also DER amerikanische Hetzsender gegen die „Achse des Bösen“. Dazu Euronews in deutscher Sprache und ein französischsprachiger Sender. Im Übrigen guckt der Feind USA hier aus allen ökonomischen Löchern: das Waschbecken ist „American Standard“, zu trinken gibt es Cola und Fanta usw.

4. Mai Dienstag -
21. Tag Isfahan – Sharoud

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Heute ist wieder Fahrtag: Welch ein Genuss, stundenlang aus dem Fenster zu schauen, die Wüste an uns vorüber ziehen zu lassen, die in ihren Formationen, Tälern, Schluchten und ihrer monumentalen Gebirgswelt einfach nur als großartig und fantastisch zu bezeichnen ist. Zerfallende Karawansereien tauchen auf, immer wieder sind museumsreife LKWs zu überholen, eine Fata Morgana nach der anderen taucht auf. Bilder prägen sich ein, die wir nie wieder vergessen werden. Wir sind im Orient, so unbeschreiblich schön. Eine Übernachtung in Sharoud auf halber Strecke nach Mashhad, der heiligsten Stadt Irans."

Aber vorher übernachten wir ja noch in der oben erwähnten Karawanserei. Heute ist für mich ein Freudentag – hoffentlich. Denn hoffentlich habe ich die Krücken nicht zu früh in den Laderaum des Busses gegeben. Aber es sieht so aus, als dürfe ich jetzt ohne gehen.

Weiterfahrt durch platte Wüste, Besichtigung der Freitagsmoschee in Nain. Immer wieder kleine Oa-senstädtchen mit Grün. Und in einem solchen liegt unser Hotel, eine ebenfalls umgebaute Karawanserei, sehr einfach, aber bezaubernd. Abends fahren wir noch etwas hinaus in die Wüste, sehen den Son-nenuntergang und einen riesigen Salzsee. Allerdings enthält dieses Salz auch Metalle und Mineralien wie Pottasche und vor allem Magnesium. Davon kostet ein Kilo 850.000 US-Dollar, es ist vermutlich kostbarer als Gold. Ursprünglich war Deutschland an der Erforschung einer möglichen Ausbeutung dieser Ressourcen beteiligt, aber seit die USA ihren Psychokrieg samt Embargo gegen den Iran führen, läuft da nichts mehr.

Wir waren auf einer einfachen Landstraße herausgefahren, und jetzt mussten wir wieder zurück. Stefan fuhr und vollbrachte auf der engen Straße ein Wendemanöver, das uns allen Respekt abnötigte. Dabei fällt mir ein, dass ich zwar über HP Christoph, den „Scheff“ und Ina Jander, die gute Seele der Reise, aber über die beiden anderen Mitglieder des Teams noch gar nichts geschrieben habe, also über Stefan Reif, unseren zweiten Fahrer, und über Anatoli Reklin, den Mechaniker, der für den Fall dabei ist, dass an dem Bus etwas zu reparieren sein sollte. Beide sind ebenfalls sehr nette und hilfsbereite Menschen. Stefan bugsiert den Bus genauso sicher um unwahrscheinliche Kurven und durch Engpässe wie HP, und Toli hilft, wo er kann, und wenn man sich dann bedankt, sagt er lächelnd: „Ich bin ja nicht zum Spaß mitgefahren“. Außerdem macht er hochprofessionelle Fotos, die uns alle vor Neid erblassen lassen.

Inzwischen sind wir nach einer Fahrt durch atemberaubende Wüstenlandschaften in Sharud angekommen. Was soll ich da beschreiben, ich werde ein paar Fotos schicken. HP sagt, dies sei eine der schönsten Strecken der ganzen Reise. So kam es uns auch vor. Ach, und es ist so eine Erleichterung, wieder richtig gehen zu können, bei Pausen sich wirklich die Beine etwas zu vertreten, anstatt auf Krücken rumzuhängen.

Barbara Volhard

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veröffentlicht unter: Reiseblog Kommentare
Kommentare (0) Trackbacks (0)
  1. Liebe Barbara Volhard,
    wie gut kenne ich das Aufatmen, wenn die Stöcke nicht mehr nötig sind! Seien Sie aber weiterhin vorsichtig! So gerne ich gerade Ihre anschaulichen Berichte lese, so sehr wünsche ich Ihnen, dass Sie mehr erleben als schreiben.
    Danke an Sie und an alle, die uns Zurückgebliebenen mitleben lassen!
    Grüße von
    Estella Korthaus, die aus eigener Erfahrung in Lisboa im März an die Bestohlene denkt (HP weiß Bescheid)

  2. Hallo Barbara Volhard,
    ich bin begeistert von Ihren Fotos, besonders die Moschee von Isfahan und die Brücke. 1969 sind wir dort noch drübergefahren und haben uns alles angeschaut.
    Danke für die schöne Erinnerung.
    In Gedanken immer dabei.
    Viele Grüsse an alle und weiterhin gute Reise !
    Monika Biallass

  3. bleibt wo Ihr seid, bei uns ist es kalt, heute hat es grosse Möggen Hagel gegeben, die
    Eisheiligen seien dies, bald sind sie vorbei und dann kommt evt. der Sommer.

    Alles Gute auch von Ursi., Lore

  4. Hallo Heidi, pfeife auf Immodium, ich nahm in Sizilien 60 Stück, genützt hat es nichts, aber es hat mich fast „geputzt“. Geholfen hat Kohle in jeglicher Form. Apotheke, oder Kohlebergwerk. Grüsse aus der regnerischen Schweiz. Es kann nur besser werden. Lore


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